0.Ausbreitung der jüdischen Bevölkerung vor dem Mittelalter

Modell des Tempels von Jerusalem im Israel Museum[Bild: Berthold Werner [gemeinfrei]]

Der Beginn der jüdischen Geschichte kann um 587 v. Chr. angesetzt werden, dem Jahr der Zerstörung des davidischen Tempels in Jerusalem und des Zusammenbruchs des Staates Israel. Im babylonischen Exil werden die Israeliten von nun an als jüdisches Volk bezeichnet. Sie entwickeln eine vom Land unabhängige Identität, wobei vor allem an den alten Traditionen und Normen festgehalten wird, die überall gelebt werden können. Dabei entstand der neue Begriff Judentum.
Der monotheistische jüdische Glaube ist in der Antike von polytheistischen Religionen umgeben, sein Konzept von dem einen Gott, der die Geschichte lenkt, unterscheidet sich signifikant von allen anderen. Davon abhängig entwickelt das Judentum eigene Sitten und Bräuche, vor allem eine strenge Lebensart mit zahlreichen Verhaltensregeln.
Das babylonische Exil endete 538 v. Chr. als der Perserkönig Kyros ihnen erlaubt, nach Jerusalem zurückzukehren. Das zentrale Heiligtum, der Tempel Davids, wurde wiederaufgebaut und 516 v. Chr. eingeweiht. Diese Entwicklung lässt sich teilweise auch in der Bibel verfolgen. Die Juden mussten jedoch eine Reihe von Fremdherrschern akzeptieren, zuerst die Perser, dann die Ptolemäer, Seleukiden und schließlich die Römer.
In dieser Zeit wird die Tora als Grundgesetz festgelegt, jedoch gibt es stetige innere Spannungen und schließlich auch Abspaltungen von Gruppen, die unterschiedliche rechtliche und religiöse Grundsätze vertraten, so u.a. die Essener und Pharisäer.

0.1.Beginn der Diaspora und Rabbinerbewegung

Im Jahr 63 n. Chr. wurde Jerusalem vom römischen Feldherren Pompeius erobert, behielt aber zunächst seinen Sonderstatus als Tempelprovinz mit einem Hohepriester als Oberhaupt bei. Vorwürfe der Korruption gegen die Obrigkeit und die Unzufriedenheit mit der römischen Oberherrschaft führten zum Aufstand, in dessen Verlauf der davidische Tempel im Jahr 70 zerstört wird. Letztlich wurde der Aufstand vier Jahre später mit der Einnahme der Festung Massada niedergeschlagen. Der Versuch des jüdischen Volkes, Unabhängigkeit von Rom zu erlangen, war damit gescheitert.
Mit dem Verlust des Tempels von Jerusalem als zentrales Heiligtum erlebte das Judentum erneute Veränderungen. Statt dem Tempel trat die Torarolle in den Mittelpunkt, die Erfüllung der Gebote und die Befolgung des Gesetzes wurden mit den Tempelopfern gleichwertig gesetzt und sollten sie ersetzen.

In dieser Phase entstand die Rabbinerbewegung. Die Rabbiner waren zu dieser Zeit eine kleine elitäre Intellektuellenschicht, bekleideten jedoch keine öffentlichen Ämter und besaßen generell wenig politischen Einfluss. Sie wurden zu den geistigen Führern der verstreuten Gemeinden, sie lehrten das Lesen und Interpretieren der Heiligen Schrift und waren dafür verantwortlich, die Traditionen und das Wissen des Judentums weiterzugeben. Anfänglich gab es dafür keine speziellen Schulen, stattdessen lebten die Studenten mit dem Rabbi und seiner Familie in dessen Haus. Erst im Verlauf der Spätantike übernahmen sie allmählich neben der spirituellen auch die politische Führung der jüdischen Gemeinden.

0.2.Über Rom nach Europa

Mit der Einführung des Christentums als Staatsreligion im Römischen Reich im Jahr 380 verschlechterte sich die rechtliche Situation der jüdischen Gemeinden. Der Codex Theodosianus von 438 schloss Juden aus allen öffentlichen Würden und Ämtern des Staates aus, verbat den Bau neuer Synagogen und den Übertritt vom Christentum zum Judentum. Zusätzliche Wirren entstanden durch arabisch-islamische Expansion in Nahost, Nordafrika und schließlich auch Südeuropa.
Im verlauf der Spätantike verbreiteten sich die Juden innerhalb der Grenzen des Römischen Reiches und siedelten sich in Nordafrika und Europa an, zuerst in Griechenland und Italien, anschließend im gesamten Mittelmeerraum. In den muslimisch regierten Ländern war die Rechtslage für jüdische Bewohner besser als in den christlichen, so etwa in Spanien bis zur Reconquista. Das jüdische Volk spaltete sich in zwei verschiedene Siedlungsrichtungen: Die Sephardim siedelten auf der iberischen Halbinsel, während die Aschkenasim sich im frühen Mittelalter im christlichen Mitteleuropa niederließen, unter anderem in den Handelsstädten entlang des Rheins.

0.3.Literatur

  • Brenner, Michael: Kleine jüdische Geschichte. München 2008.
  • Stemberger, Günter: Das klassische Judentum. Kultur und Geschichte der rabbinischen Zeit. München 2009.

 

Red. Bearb. Juliane Märker 22.03.2013

 
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